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Sportgruppe Horizonte

Bewegung bei Brustkrebs

Warum Sport?

Während und nach einer Krebsbehandlung leiden viele Frauen unter körperlichen und seelischen Veränderungen, z.B. schmerzhafter Bewegungseinschränkung der Schulter-Arm-Partie, Empfindungsstörungen der Achselhöhle, Nebenwirkungen der Chemotherapie – Abgeschlagenheit, chron. Erschöpfung, Wechseljahresbeschwerden.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde von körperlicher und sportlicher Belastung abgeraten und Schonung und Ruhe verordnet. Inzwischen aber haben spezielle Studien gezeigt, dass körperliche Aktivität vielfältige positive Effekte erzielt, selbst während Chemo-oder Strahlentherapie.

Die Frauen sind nicht nur besserer Stimmung, auch die Nebenwirkungen ihrer Brustkrebsbehandlung können durch sportliche Aktivität gemildert werden. Deshalb gibt es den Sport auf "Rezept" d.h. es ist gesetzlich geregelt, dass die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Auch die Teilnahme an der Sportgruppe Horizonte ist kostenlos, wird im Rahmen des Rehabilitationssports vom Arzt verordnet.

Unsere Sportstunde im RehaZentrum Rainer Junge Göttingen hat koordinative, konditionelle und Muskel kräftigende Anteile. Im ersten Teil wird ein allgemeines Aufwärmprogramm durchgeführt, in das koordinative Übungen mit einfließen. Im zweiten Teil werden zu Kräftigungsübungen verschiedene Kleingeräte wie Kurzhantel, Gymnastikbälle, Therabänder benutzt.

Der Übungsleiter achtet dabei sorgfältig auf die richtige Ausführung und geht individuell auf uns ein. Niemand wird überfordert, aber auch nicht unterfordert. Die Sportstunde schließt mit einer Entspannungsübung ab!

Die Teilnehmerinnen der Sportgruppe bringen alle unterschiedliche Voraussetzungen mit. Einige haben den Brustkrebs schon mehrere Jahre hinter sich gelassen, andere stecken gerade in der Therapie oder habe diese gerade abgeschlossen. Allen gemein ist aber die Freude am Sport und seit wir Hanteln stemmen oder unsere Bauchmuskeln trainieren sind wir voller Tatendrang und fühlen uns wie ausgewechselt!

Die Sportgruppe Horizonte "sportelt" einmal wöchentlich montags im RehaZentrum Rainer Junge, Sprangerweg 3

Zum Artikel von Thorsten Schmidt, Sportwissenschaftler M.A. "Bewegung und Sport bei Krebserkrankungen"

Aktuelle Termine der Sportgruppe

Sport in der Burstkrebstherapie - So wirksam wie ein Medikament?

Artikel von Dr. phil. Thorsten Schmidt, Sportwissenschaftler MA "Sport als Therapeutikum in der Mammakarzinom Therapie."

Das Mammakarzinom ist mit ca. 72000 Neuerkrankungen die häufigste Krebserkrankung der Frauen in Deutschland. Die offensive Präventionskampagne der letzten Jahre hat der Früherkennung einen gewaltigen Schub verliehen und so auch die Überlebenschancen deutlich verbessert. Während vor ca. 40zig Jahren zur körperlichen Schonung während einer onkologischen Therapie geraten wurde, nimmt körperliche Aktivität im aktuellen onkologischen Therapiesetting eine relevante Bedeutung ein. Das American College of Sports Medicine beschreibt, dass eine körperliche Aktivität während und nach einem Mammakarzinom sicher durchgeführt werden kann. Weitere Studien belegen, dass durch eine körperliche Aktivität während und nach einer onkologischen Erkrankung Nebenwirkungen vermindert werden können sowie das Erkrankungsrisiko in der Primär- und Tertiärprävention reduziert werden kann. Viele Kliniken und Gesellschaften haben die Relevanz der körperlichen Aktivität erkannt und bieten mit speziellen Kursen für Krebspatienten ein entsprechendes Angebot an.

Körperliche Aktivität in der Primärprävention

Zum Thema Sport und Mammakarzinom in der Primärprävention existiert eine große Anzahl von Studien, in denen ein protektiven Effekt der körperlichen Aktivität festgestellt wurde. So beschreiben der World Cancer Research Fund (WCRF) und verschiedene Studien einen evidenzbasierten Zusammenhang zwischen Adipositas und malignen Erkrankungen wie Ösophagus-, Pankreas-, Kolon-, Rectum-, Pankreas-, postmenopausalem Mamma-, Endometrium und Nierenzellkarzinom. Bei einer Risikoreduktion muss zwischen prä- und postmenopausalem Mammakarzinom unterschieden werden, da die Evidenz zu diesem Thema bei prämenopausalem Mammakarzinom schlechter ist und die eventuellen Effekte geringer ausgeprägt sind. Im Gegensatz dazu scheint eine Aktivität nach der Menopause einen größeren Einfluss auf das Brustkrebsrisiko zu haben. Als protektive Mechanismen einer körperlichen Aktivität werden Effekte auf den Insulingehalt, den Insulinresistenzen sowie insulinähnliche Wachstumsfaktoren, die Sexualhormone und auf die Entzündungsprozesse diskutiert.

Sport während der Akutphase

Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass körperliche Trainingsprogramme bei Mammakarzinom-patientinnen während der Akutphase nicht nur durchführbar, sondern auch empfehlenswert sind. In die Planung einer Bewegungstherapie parallel zu einer zytostatischen Therapie müssen krankheitsbezogene und mögliche medikamentöse Nebenwirkungen (u.a. Polyneuropathie, Kardiomyopathie, Knochenmarksdepression) bedacht werden. Die positiven Effekte einer körperlichen Aktivität während der Therapie steigern die kardiovaskulären und muskulären Funktionen und führen somit zu einer Verbesserung des physischen Zustandes sowie einer Zunahme der Selbstständigkeit, Selbstachtung und einer leichteren gesellschaftlichen Reintegration, womit das Ziel des Sports als Therapeutikum erreicht wird. Elementar für die Bewegungstherapie und die Betreuung der Chemotherapie-Patientinnen ist der interdisziplinäre Austausch. Die Belastung muss der Art und dem Stadium der Erkrankung, sowie der Therapiephase inklusive Nebenwirkungen entsprechen. Zur Vermeidung einer Überforderung sind Verlaufskontrollen empfehlenswert. In einer Studie von Schmidt et al. wurde mit 67 MaCa-Patienten, die sich in der chemotherapeutischen Behandlung befanden, ein körperliches Training durchgeführt. Die Autoren verglichen die Auswirkungen eines Kraft- oder Ausdauertrainings auf physische und psychische Komponenten im Vergleich zu einer inaktiven Gruppe. Die Ergebnisse bestätigen andere Studien mit MaCa Patienten in denen eine Verbesserung der Kraft, Stärkung des Selbstwertgefühls, Verminderung Fatigue sowie Verbesserungen in der „Chemotherapy completion rate“ festgestellt wurde.

Sport in der Rehabilitation

Die Diagnose und die Therapie einer Krebserkrankung sind mit einer starken Einschränkung der Lebensqualität verbunden, die auch nach der Behandlung persistieren kann. Nach dem operativen Eingriff und den Nachwirkungen weiterer Therapien befinden sich die Patientinnen am Ende der stationären Behandlung oft in einer Phase der Angst und Unsicherheit, sowohl gegenüber dem eigenen Körper als auch gegenüber ihrer Familie und ihrem Umfeld. Hinzu kommen häufig eine Störung ihrer Körperwahrnehmung und eine Minderung des Selbstwertgefühls sowie eine weitere Hilfebedürftigkeit. Wurde früher das Ziel der Sport- und Bewegungstherapie in der Tertiärprävention bzw. in der Rehabilitation zunächst nur in einer Verbesserung auf physischer und psychischer Ebene gesehen, zeigen Studien inzwischen auch einen Rückgang der Rezidivrate und Verbesserung im Gesamtüberleben durch körperliche Aktivität. In einer Metaanalyse mit insgesamt 49.095 MaCa und ColonCa Patienten aus dem Jahr 2014 beschreiben Schmid und Leitzmann eine relative Risikoreduktion für aktive Patienten. Im Vergleich von dem höchsten zum niedrigsten Aktivitätslevel nach der Diagnose MaCa konnte eine Risikoreduktion der Gesamtmortalität um 48% und der brustkrebsspezifischen Mortalität um 28% festgestellt werden.

Reduktion von Nebenwirkungen

Während unter der chemotherapeutischer Behandlung vor allem Übelkeit, Müdigkeit, Schwäche, Fatigue-Symptomatik und ungewollte Gewichtsveränderungen dominieren, ist die mit Abstand häufigste bleibende Nebenwirkung die periphere Polyneuropathie. Besonders Platin-, Taxan- und Vinca-Alkaloid-haltige Chemotherapeutika gehen mit einem hohen Risiko der CIPNP einher. Je nach betroffener Faserqualität der geschädigten Neurone umfassen die Manifestationen motorische und sensorische Defizite sowohl positiver als auch negativer Symptomatik. Zu den Negativsymptomen zählen Muskelschwäche, Taubheitsgefühle, vermindertes Tast- und Vibrationsempfinden, herabgesetzte Reflexe, eine posturale Instabilität und eine gestörte Tiefensensibilität. Als Positivsymptome klagen Patienten häufig über Kribbelparästhesien, brennende Schmerzen und eine Temperaturhypersensibilität. Diese Symptome bedingen über den Leidensdruck hinaus das Risiko sekundärer Erkrankungen, etwa durch mangelndes adäquates Schmerzempfinden bei Verletzung, eine Stand- und Gangunsicherheit mit erhöhter Fallneigung oder metabolische Erkrankungen infolge einer schmerzinduzierten Bewegungsarmut. Vereinzelte Studien aus dem Bereich der Sport- und Bewegungsmedizin zeigen vielversprechende Erfolge in der Behandlung der CIPNP unter regelmäßigem angeleitetem sensomotorischen Training. So konnte eine signifikante Verbesserung der Tiefensensibilität (p<0,001) in 87,5% der Fälle beobachtet werden wie auch eine vom Patienten angegebene Verbesserung der subjektiv empfundenen Lebensqualität. Aufgrund der Befürchtung, dass durch eine körperliche Aktivität nach einer Mammakarzinom-erkrankung ein Lymphödem entsteht, wurde lange Zeit ein Krafttraining als kontraindiziert angesehen. Aktuelle Studien widerlegen inzwischen diese Meinung und befürworten eine körperliche Aktivität in der Mammakarzinomtherapie, da keine negativen Einflüsse auf ein Lymphödem entstehen und eine signifikante Verbesserung von Körpergewicht, Fettmasse und Kraft festgestellt werden kann. Durch das Kraft und Ausdauertraining wird die Muskel-Venen-Pumpe aktiviert und bewirkt, parallel zu einem Kompressionsstrumpf, eine Verminderung des Lymphödems durch einen erhöhten lymphatischen und venösen Rückfluss bei einem verminderten Übertritt dieser in das Interstitium.

Trainingsempfehlungen und Trainingsplanung

Für die Planung eines strukturierten Trainingsprogramms sind die Informationen über die Art der Krebserkrankung (Entität), das Stadium der Erkrankung (kurativ oder palliativ), die Behandlungsphase (Akutklinik, Rehaklinik) sowie über eventuelle Nebenwirkungen von Relevanz. ln Abhängigkeit der genannten Punkte wird der Trainingsplan individuell gestaltet, sodass die Schwerpunkte bei zwei Krebsbetroffenen der gleichen Krebserkrankung aufgrund unterschiedlicher Behandlungsphasen oder Nebenwirkungen verschieden sein können. In der Betreuung gibt es keine allgemeinen Bewegungsempfehlungen, für jede Patientin muss ein individuelles Trainingskonzept erstellt werden. Dieses patientenorientierte Vorgehen ist Inhalt der individualisierten Trainingstherapie.

Fazit für die Praxis

Die aktuelle Studienlage empfiehlt eine körperliche Aktivität in allen Therapiephasen. In weiteren Studien müssen die Möglichkeiten einer Verminderung erkrankungsspezifischer Nebenwirkungen durch eine körperliche Aktivität und einer Definition der Dosis-Wirkungsbeziehung erforscht und definiert werden. Die Aufklärung über den Nutzen einer körperlichen Aktivität sollte frühzeitig in der Klinik durch das Fachpersonal erfolgen und ergänzend zur Therapie durchgeführt werden. Nur durch das Zusammenwirken aller in der medizinischen und therapeutischen Betreuung tätigen Personen ist ein Hinführen der Patienten zur Supportivmaßnahme Sport möglich und sollte das Ziel im Sinne der Patientinnen sein.

Dr. phil. Thorsten Schmidt Krebszentrum Nord (CCC) Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Sport in der Burstkrebstherapie - So wirksam wie ein Medikament?

Artikel von Dr. phil. Thorsten Schmidt, Sportwissenschaftler MA "Sport als Therapeutikum in der Mammakarzinom Therapie.

Stand: 07. November 2016

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